Nordspanien TEIL 4 SANTIAGO de Compostela (21.Juli bis 24.Juli 2010)

12. Tag - SANTIAGO de Compostela
Es ist der Wahnsinn. Es ist, wie San Giminiano und Siena zusammen. Die Stadt besteht aus unzähligen kleinen Gassen. Gerlach findet natürlich nie wieder raus, bei der Orientierung schon 1000x verlaufen. Natürlich ist die Stadt völlig überfüllt mit Pilgern. Der Verkehr liegt brach, trillerpfeifende Polizisten kümmern sich um einen gewissen Fluss, der ohne sie in der Tat da wäre. Ich habe mir allerdings ein grandioses Wochenende ausgesucht: eines im  "heiligen Jahr" und auch noch an "seinem" Tag. Gemeint ist natürlich der Stadtvater Jakob, der am Sonntag seinen Geburtstag hat und immer, wenn dieser auf einen Sonntag fällt, dann nennt man es ein heiliges Jahr. Die spinnen schon, diese Katholiken.
Untergebracht bin ich im 24.Hotel meiner Ansprache, es ist zu verstehen, dass an diesem "heiligen Wochenende" alles ausgebucht ist. Ich habe Glück und wohne direkt neben der Kathedrale in der Altstadt und muss sagen, es ist das schönste Hotelzimmer, das ich jemals bezog. Allerdings kostet mich der Spaß "3 Tage Santiago" schon mal 300 euro. 81 das Zimmer und 14,40 das Parkhaus. Wo will man sonst seine coche hinstellen. Abgeben ist auch blöd, ein Taxi vom Flughafen kostet 25, also das Gleiche.
Das Hotel ist ein altes Steingemäuer, wie alle hier in der Altstadt und die Zimmer sind entsprechend mit Steinbögen und antiken Möbeln angepasst. Es ist einfach ein Traum.
Das muss ich zeigen.



Zwei Verweise (für Ausländer: LINKS):

Eine halboffizielle Seite mit Infos zur Stadt
Oder die Wikipedia-Seite zur Stadt
Für Spanier !

So, Stadtbummel zunächst. Erstmal nach rechs.
Die Cathedrale ist so grün, weil es in Santiago so feucht ist und oft regnet. Es sind Algen.

Also zum folgenden Bild eine Erklärung: Hinter diesem ganzen Goldprunk ist irgendeine kultige Figur aufgebaut. Links neben diesem Gesamtkunstwerk befindet sich ein Eingang mit einer Treppe zur Figur. Vor diesem Eingang eine Schlange von Besuchern (auf dem darauffolgenden Foto zu sehen). Diese Menschen gehen zur Figur, knutschen sie an einer bestimmten Stelle und gehen weiter. Ich werde ein immer größerer Anhänger des Herrn Luther.
 

Auch das muss sein; ich glaube es ist die "Passacaglia" von Händel und wenn nicht, dann irgend eine anderer Popularbarockmüll.






Ich hätt mir das Bob Dylan Konzert 1994 in der Festhalle sparen können.



Es sind schon eine Menge kaputter Typen hier in Santiago. Da gibt es vor meinem Hotel wechselnd Straßenmusik verschiedener Qualität. Die beiden Bob Dylans, die noch weniger singen konnten als er, was eigentlich kaum geht, sind jetzt weg. Dafür dröhnen mehrere Didgeredoos ins Ohr. Außerdem auf Bänken schlafende Rastalocken mit verschütteten Rotweintüten, völlig Abgedrehte, Zugekiffte, eben die ganze Palette Durchgeknallter.

Die Stadt kocht vor Leben und Aktionen.
In jeder Ecke wird gespielt, getanzt, gefeiert; vor allem die Pilger feiern, weil sie ihren langen und sicherlich beschwerlichen CAMINO jetzt beendet haben, in dem Pilgerbüro ihre Uhrkunde abgeholt haben. Eine geile Atmosphäre, wie gesagt: ähnlich SIENA, nur dass hier an jeder Ecke Musiker spielen, sich nicht alles auf den Piaza el Campo konzentriert, sondern in der ganzen Stadt das Leben tobt. Man geht um eine Ecke und erlebt wieder etwas Neues. Ich würde es mit ROM vergleichen, auf kleinem Raum, wobei allerdings auch dort nicht so viel los ist wie hier.



















13. und 14. TAG - MEHR SANTIAGO
Die spanische Architektur wurde bereits erwähnt. Diese Bushaltestelle erinnert mehr an Raumschiff Orion oder Flash Gordon.

Der Tag begann mit dem Zimmerwechsel. Gab keine 3 Tage am Stück. Das jetzige konnte ich erst gegen  15h beziehen, aus dem alten musste ich um 12h draußen sein. Beschissener Service. Jetziges ist ebenso ausgestattet, aber ein richtiges Einzelzimmer. Liegt nach Hinten, heißt: Ruhe, keine Dylans, Didgeredoos und Tenöre.
Den Anfang des Tages also zunächst gefrühstückt. Entgegen deutscher Hotels ist dies nie inclusive, man muss sich also selbst kümmern.
Bin danach auf Sightseeing-Tour gegangen und habe ein interessantes Erlebnis gemacht. Mir ist, weil ich so blöd rum stand, das rechte Rad eines Citroen C4 übern Fuß gefahren. Und das Erlebnis war, dass sowas überhaupt nicht weh tut. Ich hätte gedacht, sowas macht einen platt. Hat etwas gedrückt, das war´s. Gegen diesen Fuß hat mir dann einige Zeit später ein Hund gepisst. Arsch!
Auf einem Gelände eines Fußballplatzes befindet sich hier eine steinerne Halle, in dem Händler und auch private Leute ihre Produkte verkaufen. Da sitzen dann Omis und verkaufen ihren Salat aus dem Garten oder die Paprika, Äpfel, und und und.
Am Anfang hat jemand Pulpo in einem Topf gesiedet und Stücke verteilt. Pulpo ist mit das Beste, was das Meer hergibt, schmeckt klasse. Und die Saugnäpfe pappen an der Zunge fest. Ohne Knoblauch ein Genuss. Der Mann hat mir erklärt, dass man ihn generell ohne Knoblauch zubereitet, nur wollen die Touristen den Knoblauch, weil sie Spanien damit verbinden. Es gebe in der einheimischen galizischen Küche kaum Knoblauchgerichte. In den Restaurants ist fast an allem Knoblauch, weil der Gast dann erst denke, er sei in Spanien.













Was hier an jeder Ecke angeboten wird sind Fische und Meerestiere jeder Art. In Muxio an der Westküste gabs zu nem Bier eine Schale mit schwarzen Muscheln, riesengroß, nicht so wie im Restaurant. Ich habe abends noch gesehen, woher die kommen. Am Meer sammeln die Frauen die Muscheln ein und kochen sie dann zuhause auf.
Man bekommt hier generell zu jedem Getränk eine Schale mit etwas Essbarem, entweder einer Scheibe Weißbrot mit Käse und Sardellen, eine Schale Oliven und Chips, Muscheln, in Stücke geschnittenen Pulpo, ... Klasse Idee. Kommen Deutsche nicht d´rauf.



Was das Folgende soll, weiß ich nicht.



Weiter nach einem Mittagessen durch die Altstadt, die Einrichtungen der Universität besichtigen. So muss studieren sein. In diesen alten Gemäuern zahlreicher Bauten der Stadt befinden sich die verschiedenen Fakultäten. Standesgemäß und würdevoll. Hier die philosophische Fakultät unweit der Cathedral:
Treppenaufgang
Ehemaliger Kreuzgang eines Klosters
Hörsaal


Ein weiterer Rundgang durch die Stadt wurde unterbrochen, weil die Fußgängerzone verstopft war und ein symphonisches Blasorchester spielte. Mitten auf die Straße haben sich die 70 Musiker gesetzt und ein Konzert gegeben.




So, das war also Nordspanien. Koffer gepackt, Buch auf dem Bett, Morgen geht´s um 6h früh los. Erst Auto abgeben, einchecken und nach 2h von Hahn noch nach Ffm und nochmal mit der Bahn nach GN.
Fazit zu Santiago: grandiose Stadt, die aber nach 3 Tagen tutto completti reicht. Sind nach einer Weile immer nur die selben Passacaglien, die das Trio vor der Cathedral spielt, der Didgeredoo-Spieler ist nach 2 Tagen Dauergebrumme auch nicht mehr lebend zu ertragen und die Animationen und anderen künstlerischen Gags nerven dann irgendwann gewaltig. Bei manchen frage ich mich, wer sich so ne Gülle einfallen lassen kann, wie z.B. mit 4 Holzmarionettenkreaturen auf nem Brett zu Musik von Luis Armstrong zu hüpfen und dann auch noch nen Geldhut danebenzustellen - wohl zum rausnehmen.
Des Weiteren war heute anlässlich des Festwochenendes unseres Heiligen hier auch Jahrmarkt. Will nur kurz erwähnen, dass es sie gibt ähnlich unserer deutschen, die spanische bildungsferne Schicht. Auf diesem Jahrmarkt war ein Pack, unglaublich. Der Unterschied zu deutschen Schelmenmärkten ist nur, dass die dauerbeschallende Animationsmusik der Fahrbetriebe hier in Spanien etwa 5x so laut ist. Also jegliche Kommunikation wäre im Voraus eine Lachnummer und selbst ich als gehörgeschädigter Musiker und Konzertbesucher hatte Schmerzen und musste nur weg. Der Spanier steht samt Kinderwagen mittendrin und wurzelt seelenruhig dort fest.
Leon oder Santiago, die Frage habe ich mir am ersten Tag gestellt. Die Antwort ist eindeutig. LEON hat einfach diese nicht-touristische, gemütliche Einfachheit und dadurch eine gewisse seriöse Größe. Santiago stelle ich mir ähnlich Venedig im Winter grandios vor. Immerhin besuchen 10 Millionen Menschen jährlich diese Stadt, in einem Jahr, an dem der Geburtstag des Obermackers auf den Sonntag fällt, sogar 12 Mio., schreiben die Reiseführer. D.h. u.a., dass ich das Wochenende mit den über 2 Mio. Besuchern erwischt habe!!!
Urlaub ist zweifellos schön, eine solche Reise alleine zu bestreiten allerdings, entgegen eines reinen erholenden Pauschalurlaubs, anstrengend. Es entstehen eben pausenlos Fragen, die sich die Millionen von Pilgern ebenso stellen, wie: Wo könnte die nächste Toilette geöffnet sein? Bekomme ich irgendwo Essen her? Finde ich heute eine Übernachtung? Verstehen die Menschen mich? Verreckt das Auto? Ist das Handy geladen? Es liegt eben jede kleinste Verantwortung in der eigenen Person. Manchmal ein wenig stressig.
Hasta luego, im Herbst vielleicht Griechenland. Pauschal und all inclusive. Bin da zufällig auf eine Insel gestoßen, die sehr schön sein soll.